Einladung zum Weltgedenkgottesdienst für verstorbene Töchter, Söhne und Geschwister

An jedem 2. Sonntag im Dezember findet im Hamburger Michel ein Gedenkgottesdienst statt, der weltweit in Kirchen gefeiert wird.
Eingeladen sind Verwaiste Eltern, trauernde Geschwister und Freunde der Verstorbenen, sowie alle Menschen, die an dieser Gedenkfeier teilnehmen möchten.
Die abendliche Feierstunde wird von Hauptpastor Alexander Röder und von Mitarbeitern des Vereins Verwaiste Eltern und Geschwister Hamburg e.V. ausgestaltet.
Entstanden ist die Idee dazu bei den „Compassionate Friends“ (Verwaiste Eltern und Geschwister in den USA). Seit einigen Jahren geht von dort ein „Worldwide Candle-lighting“ an diesem 2. Sonntag im Dezember aus, das von Gottesdiensten begleitet wird.
Die Trauernden stellen im Gedenken an ihre verstorbenen Kinder Kerzen ins Fenster, sodass vor dem inneren Auge ein Lichterband rund um die Welt entstehen kann.

Der Weihnachtsbaum im Michel

Vor Beginn des Gedenkgottesdienstes können Erinnerungskerzen am Lichterbaum entzündet werden.
Jedes Licht im Fenster steht für das Wissen, dass diese Kinder das Leben erhellt haben und nie vergessen werden. Das Licht steht auch für die Hoffnung, dass die Trauer das Leben der Angehörigen nicht für immer dunkel bleiben lässt. Das Licht schlägt Brücken von einem betroffenen Menschen zum anderen, von einer Familie zur anderen, von einem Haus zum anderen, von einer Stadt zur anderen, von einem Land zum anderen. Es versichert Betroffene der Solidarität untereinander. Es wärmt das kalt gewordene Leben ein wenig und wird sich ausbreiten, wie es ein erster Sonnenstrahl am Morgen tut.
Die Kollekte an diesem Abend wird der Arbeit des Vereins Verwaiste Eltern und Geschwister Hamburg e.V. zugute kommen.

Blick auf einen Weltgedenkgottesdienst

Wo ist das Licht, das uns aus der Dunkelheit führt?
von Ute Leser
Seltsam, dass der Lichterbaum für die verstorbenen Kinder ausgerechnet in diesem Jahr eine besondere Leuchtkraft zu haben schien. Als wollte er seine strahlenden Zweige in den Himmel flechten. Seltsam auch, dass mir nach so vielen Jahren zum ersten Mal seine vollendete Form auffiel. Die jedes entzündete Licht als Zeichen der Liebe herzförmig nach oben schickte.
Und dennoch stand im Schatten dieses Baumes eine Frage, die jeden von uns tief berührte:
Wo ist das Licht, das uns aus der Dunkelheit führt?

Tod durch Gewaltverbrechen – wo bleibt da der Trost und wo die Worte, die Heilung bringen? Und wie, fragte ich mich im Stillen, können diese trauernden Eltern und Geschwister mit einem solchen Schicksal jemals den Weg aus der Lichtlosigkeit finden? Wie von einer unsichtbaren Hand gehalten, fanden sie dennoch den erstaunlichen Mut und die staunenswerte Kraft, ihrem unsagbaren Schmerz Ausdruck zu geben. Ja, es ist ihnen sogar gelungen, Wut, Verzweiflung und die unbegreifliche Sinnlosigkeit eines solchen Schicksals in Hoffnung und Frieden zu verwandeln. Unglaublich, dachte ich, im verlorenen Glauben an eine göttliche Bestimmung noch soviel Gottvertrauen zu finden. Keiner der Trauernden klagte den Himmel an, sondern war dankbar für die Kraft der Liebe, die mit jedem Funken der Erinnerung im Raum zu leuchten schien. Alexander, Carolin, Juli, Jewgeni, Katja, Kai, Kirsten, Lisa und Peter, sie alle gaben uns das Gefühl, in diesem Augenblick ganz nahe zu sein. Als hätte der Blick in die Vergangenheit sie in die Gegenwart zurückgeholt, als wollten sie uns ein lebendiges Zeichen ihrer geborgenen Seelen geben. Alle Tränen der Trauer schienen sich für einen Moment sogar in lachende Erinnerung aufzulösen.

Wie heißt es in der Fürbitte an Lisa so tröstlich? Du bist nicht mehr da, wo du warst, aber du bist überall, wo ich bin.
Und in der Fürbitte an Juli fragt sein Bruder Tobias: Kann man mit jemandem lachen, der tot ist?
Auch die Familien von Carolin und Katja erinnern sich vor allem an ihre unbeirrbare Liebe, ihr Lachen und das bleibende Licht. Alexander und Peter – sie gingen gemeinsam in den Tod und bleiben Hand in Hand mit ihrer lebendigen Wärme, ihrer Selbstlosigkeit und dem Mut, sich füreinander einzusetzen, zurück.
Die Familie von Jewgeni drückt es so aus:
Wenn Liebe einen Weg in den Himmel fände – und Erinnerungen Stufen wären – dann würden wir hinaufsteigen und dich wieder zurückholen. Kirsten lebt im Herzen ihrer untröstlichen Eltern und des einzigen Bruders mit der wunderbaren Kraft ihres Humors, ihrer Hilfsbereitschaft und ihrer allgegenwärtigen Nähe. Und schließlich bleibt auch Kai als unauslöschbare Erinnerung mit seiner liebenswerten Gutmütigkeit, Ehrlichkeit und Zielstrebigkeit im Schoß der Familie zurück.

Jeder der Betroffenen hat versucht, das Unsagbare in sein Gefühl der Sehnsucht zu fassen.
Und jedem einzelnen ist es gelungen, die zerstörende Kraft des gewaltsamen Schicksals
in die unzerstörbare Macht der Liebe zu verwandeln.